Apokalypse als Chance

Leseprobe

Die Apokalypse ist das Beste, das mir je passiert ist.

Entgegen der ursprünglich griechischen Bedeutung des Wortes kommt sie nicht als Entschleierung, sondern als Verschleierung. Die Asche tanzt sanft wie Schnee durch die Straße und wenn es regnet, klatschen die Tropfen graue matschige Rinnsale ans Fenster. Der Himmel ist so trüb, dass rein optisch nicht erkennbar ist, ob die Sonne gerade auf- oder untergeht und das, obwohl sie im Sommer zu dieser Zeit hoch am Himmel stehen sollte. Von ihrer Strahlkraft hat sie jedenfalls nichts eingebüßt, sofern ich das hier in unserer Wohnung beurteilen kann. Ich denke nach wie vor „unsere“, obwohl es seit Wochen meine ist. Oder sind es Monate? Du bist irgendwo da draußen im Schleier. Vielleicht hat er dich eingehüllt, vielleicht längst geschluckt.

Ich sitze hier oben im vierten Stock, nur mit Unterhose und T-Shirt bekleidet, und starre hinaus. Die Luft ist schwer und kleine, graue Teilchen ziehen zu Wolken verdichtet vorbei. Jahrelang sah es in meinem Kopf exakt so aus. Ich habe immer versucht, es dir zu erklären, aber du meintest, ich hätte keinen Grund und solle mich zusammenreißen. Wärst du jetzt hier, würde ich mit dem Finger darauf deuten und freudestrahlend: „Siehst du? Siehst du?“, rufen. Mein Inneres im Außen manifestiert zu sehen, erfüllt mich - oder besser: es leert und befreit mich. Ich fühle mich verstanden und aufrichtig glücklich. Ich weiß, dass es früher Situationen gab, in denen ich fröhlich hätte sein sollen und ich habe gelächelt und alles getan, was man tut, wenn man sich freut, aber gefühlt habe ich es nicht.

In Ausnahmesituationen lernen wir zu schätzen, was wir haben und ich habe immer noch mich. Ich weiß nicht, wann ich mich davor das letzte Mal geschätzt habe. Dich habe ich schon vor alldem hier zu schätzen gewusst. Du fehlst mir. Du hättest nicht gehen sollen! ...

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